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Texte - Bernhard Sprute, Malerei, Zeichnung, Objekte

bernhard

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Zeichung mit dem Titel: Schlafender Wolf

T i e r,  P f l a n z e,   M e n s c h

In seinen Bildern vermittelt Bernhard Sprute eine positive Sicht auf Natur. Wachstumsfülle und Lebendigkeit von Pflanze, Tier und Mensch werden in einer freien Malweise mit überbordender Farbgebung dargestellt. Bewegung und Aktion charakterisieren seine Arbeiten, hervorgerufen durch einen künstlerischen Prozess, der eine Fülle von Bildbereichen und Bildzeichen unterschiedlichster Art miteinander kommunizieren lässt. Vereinfachte Pflanzen- und Tierformen, Kartoffel oder Leiterpflanze, Vogel oder Wespe - tauchen häufig als plakative Motive auf, die ein komplexes Bildgeschehen überlagern.
Oft wissenschaftlichen Werken entnommen, funktionieren sie wie Schautafeln, die eine Standardisierung von Pflanze und Tier vornehmen.
Die Konfrontation von Formfreiheit der lebendigen Natur mit dem Formzwang, den der Mensch der Natur zu Erkenntniszwecken quasi einmathematisiert, haben mit einem übergreifenden Leitfaden zu tun, der Sprutes gesamte Bildwelt durchzieht: Mit jeder Motivwahl und Motiverforschung geht es dem Maler in seinem besonderen künstlerischen Arbeitsprozess um die Vermittlung von Gegensätzen, um ein System von Annäherung, um ein Exempel für ein soziales System, das auf gesellschaftliche Strukturen des Miteinander verweist.

Rosemarie Sprute, Bad Oeynhausen 2020



A n t o n  F u c h s  &  B e r n h a r d  S p r u t e

…Wenn wir uns dann Bernhard Sprute zuwenden, so fällt zunächst der große formale Unterschied in der Farbigkeit auf. So minimalistisch der Rheinländer ! Fuchs vorgeht, so facettenreich und prächtig sind die Bilder des Westfalen !. Aber in den hier vorgestellten Bildern, die auch der jüngsten Schaffensphase des Künstlers angehören, sind die Natur und das Verhältnis des Menschen zu ihr auch das Leitmotiv.
Im "Bienenflug" von 2012 erkennen wir bei genauem Hinsehen mehrere der Insekten, die wie in einer Vitrine im Naturkundemuseum in gleicher Formation dargestellt sind: „Seit uralten Zeiten gehören die Biene und der Honig zu den großen Mythen der Menschheit und besitzen hohe Symbolkraft. Die Biene ist ein sehr positives Symbol, das kaum negative Bedeutungen mit sich trägt." So beschreibt der Maler es selbst ganz nüchtern. Das Tier ist dem Menschen so nah und gleichzeitig so fremd. Hier ist Sprute ein Vertreter des Zeitgeistes, denn noch nie hat sich der Mensch dem Tier so verwandt gefühlt wie jetzt. Nie zuvor wurde diese Verwandtschaft in Wissenschaft und Alltagskultur so häufig behandelt und sichtbar gemacht.
Typisch für Bernhard Sprute sind die Bienen zeichenhaft auf einem sehr malerisch angelegten Untergrund angebracht. Die Linien, die direkt mit der Farbtube aufgetragen werden, schaffen dabei auch Tiefe, wie überhaupt die Bilder inhaltlich und maltechnisch im Wortsinne vielschichtig sind. Die Materialauswahl beinahe wie das Inventar einer Autowerkstatt: Öl, Dispersion, Beize, Seheillack, Montagekleber, Lacke, Firnis.
Gestik und Linie, Malerei und Zeichnung, Figuratives und Abstraktes auf so natürliche Weise miteinander zu verbinden, zeugt von der langen Erfahrung eines Malers, der die Technik souverän beherrscht und die Theorie und Geschichte seines Faches kennt. Die Berufung auf alte Meister ist dabei eine ganz selbstverständliche Methode, wie es mich überhaupt immer wieder überrascht, wie unbefangen Künstler von heute ihre Kollegen der jüngeren oder älteren Vergangenheit als Mitstreiter im Geiste umarmen. Das haben auch Van Gogh, Picasso und Bacon gemacht, und sowieso die Alten selbst. In Renaissance und Barock waren die Kopie und Nachahmung der großen Vorbilder schon immer Voraussetzung dafür, überhaupt ernst genommen zu werden. Aber mehr als die „imitatio" war die „aemulatio" das Ziel, also die Wiederaufnahme des Vorgefundenen und ihre Verbesserung. Wenn Bernhard Sprute eine Landschaft des niederländischen Malers Jacob van Ruisdael (1629-1682 aufgreift, dann ist das eben keine Kopie, sondern eine Interpretation mit modernen Mitteln, die nicht retrospektiv ist. Es geht auch um die Frage nach der Gültigkeit alter Kunst für die Gegenwart und - wichtiger noch - um den heutigen Blick auf die Landschaft. Die Natur hat sich geändert und damit unser Verhältnis zu ihr. Mit der Neuinterpretation eines Gemäldes des 17. Jahrhunderts wird Verborgenes sichtbar gemacht und das Auge einmal mehr sensibilisiert. Da findet sich die Gemeinsamkeit von Fuchs und Sprute, die wie alle guten Künstler uns mithilfe des Katalysators Kunst das wirkliche Leben besser sehen und begreifen lehren.

Andreas Blüm
(anlässlich der Ausstellung „Anton Fuchs & Bernhard Sprute“ im Kunst- und Kulturforum Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen 2017)



B i e n e n b i l d

Um im unübersichtlichen Miteinander eines Bienenvolks so etwas wie Strukturiertheit oder geordnete Kommunikation auszumachen, bedarf es schon genauer Beobachtung. Ähnlich wird es dem Betrachter der Bilder Bernhard Sprutes ergehen, die ihm erst einmal als chaotisches Durcheinander unterschiedlichster Bildzeichen erscheinen mögen, aber einen Aufforderungscharakter besitzen, sich Orientierung zu verschaffen. So wie die Natur „System hat“, zeigt sich auch in den Bildern Sprutes Systematisches. Wiederholungen, Beziehungen, Oppositionen, Muster oder Arabesken bilden ausschnitthafte Bildgefüge, die parallel zur Natur sich entfalten.
Der Künstler ist mit malerischen Mitteln ihrer Fülle auf der Spur, was auch der Entstehungsprozess seines Bienenbildes widerspiegelt. Flüssige Beizen, die auf der liegenden Leinwand zerfließen, bilden einen hellen, fleckigen Grund, auf dem sich assoziativ Farben und Formen in Öl oder Dispersion konkretisieren. Oft direkt aus der Tube aufgetragen, tauchen geschwungene Lineaturen auf, die in Schwarz oder Rot zeichenhafte Pflanzenformen bilden, überlagert von hellroten Ringen, unterfüttert von dunklen Konturen in freien oder vegetabilen Verläufen. Farbspuren, Verdichtungen, ins Helle rückend oder in die Tiefe weichend. Dieses sukzessive Anwachsen verbindet sich zu einem organischen Miteinander. Ein eigener, lebhaft farbintensiver Bildraum entsteht, der über den Ausschnitt fortwirkend die Bildfläche füllt, Hierarchien und Oppositionen zum Ausgleich bewegt.
Doch über allem, in reinweißen Konturen sich breitend, die Biene, selbst wiederum auf eine konzentrische Kreisform bezogen, die zwischen Rosette und Rad sich bewegt. Dazu ihr düsteres Gegenstück, in schwarzbrauner Tonigkeit am rechten Rand versinkend. Bernhard Sprutes Bildwelten sind geprägt von einem regen Miteinander der Tiere und Pflanzen, an dem der Mensch, häufig nur als Kopf vertreten, eher distanzierten Anteil hat. Hinzu treten immer wieder Verweise auf Antikes oder Religiöses, die dem Eigenleben der Natur zu Deutungsmustern verhelfen.
Die Tierwelt dominieren unspektakuläre Arten, Fische, Vögel, Ziegen, Hasen. Tiere, die alltäglich und gewohnt erscheinen, indes Symbolisches in sich tragen und mit mythischen Urgründen aufwarten. Wie eben auch die Bienen, mit all dem, was sie den Menschen so merkwürdig macht. Ihr symbiotisches Verhältnis zu Pflanzen und Blüten, ihre subtile Selbstorganisation und Produktivität, ihre Reinheit und ihr Glücksversprechen, ihr Vergehen und Werden im Verborgenen.

Peter Weber, Rinteln 2022



P o r t r a i t - S e r i e

Die Position Bernhard Sprutes zielt darauf, alles Lebendige zu einem portraitwürdigen Sujet herauf zu heben. Jedes noch so schlicht wirkende, aus Zellen Bestehende, enthält narrative Momente und ist somit ein bilderwürdiges Motiv. Wir stehen 24 kleinformatigen Arbeiten gegenüber und jedes dieser Bilder zeigt das Portrait eines Menschen, Tieres, einer Pflanze oder auch nur eines Körperteils. In der kunsthistorischen Terminologie könnte das Ganze zwischen den Begriffen Portrait und Bildnis (welches aber auch im weiten Feld der Portraitkunst existiert) wanken. Meint der Künstler tatsächlich eine ganz bestimmte, individuelle Biene bei seiner künstlerischen Äußerung? Oder handelt es sich doch vielmehr um ein Portrait der gesamten Tierart und nicht um eines der Tiere unter Hunderten?
Sprute verwischt die terminologischen Grenzen der korrekten Bezeichnung und lässt den Betrachter überlegen, ob es sich um ein „was", ein „wen" oder vielmehr um „jemand ganz bestimmten" handelt. Der Maler spielt mit Details und Genauigkeiten und mit den daraus resultierenden Begrifflichkeiten. Portraits zu schaffen bedeutet für einen Künstler, in etwas oder jemandem das Besondere zu sehen und dieses mit eigenen Spuren zu versehen. Das hat Sprute gemacht, indem er durch seine pastosen Farbbahnen und gesetzten Kontraste für ihn wichtige Elemente akzentuiert. Die subjektiv wahrgenommene Besonderheit eines jeden Dinges wird vom Maler durch bewusst eingesetzte Stilmittel suggeriert.

Melanie Körkemeier, Katalogtext zur Ausstellung "Portrait - acht zeitgenössische Positionen zu einem traditionellen Thema", Orangerie Schloss Rheda, Rheda-Wiedenbrück 2008



J a n u s–V o g e l

Die Janusvogelbilder berufen sich auf Darstellungen des römischen Gottes Janus (schon um 330 v. Chr. auf römischen Münzen). Das zweigesichtige Haupt des Janus blickt hier zurück und nach vorne (nach links und nach rechts), er sieht den Anfang und das Ende, schaut in die Vergangenheit und in die Zukunft. Zurückschauend aber auch in die Zukunft sehend, hatte der Gott Janus auch eine weissagende Macht.
Janus symbolisiert die Dualität in den ewigen Gesetzen, wie etwa Schöpfung und Zerstörung, Leben und Tod, Licht und Dunkelheit, Anfang und Ende, Zukunft und Vergangenheit, Links und Rechts usw. Mein Vogelmotiv in Annäherung an Janus: Auch der Vogelflug bekam wegen der Nähe zum Himmel in der Weissagungskunst im alten Rom eine wichtige Bedeutung. Vögel, im Luftraum lebend, sind seit alters Sinnbild des Geistes, des Gedankens und der Idee (siehe C. G. Jung, Studien zur Alchimie). Unser Verhältnis zum Vogel ist zwiespältig. Er ist uns, je nach seiner Art weit entfernt, wie z. B. der Adler oder auch näher, wie der Kanarienvogel. Er ist nicht beliebt, wie der Geier oder aber gemocht, wie der Wellensittich. Viele Vogelarten ziehen im Herbst gen Süden, verweisen so auf Nord und Süd, auf Sommer und Winter, auf Wärme und auf Kälte. Der Vogel verweist auf die Dualität Himmel und Erde. Der Himmelbereich steht sinnbildlich für die Weite draußen, auch für Gefahr, das Vogelnest am Boden oder im Geäst für den häuslichen Bereich für Schutz.

B.S.



U n r u h i g e  T i e r e / S c h l a f e n d e  T i e r e

Die „Unruhigen Tiere“ stehen als Synonym für Spannungen und gesellschaftliche Unruhen. Ihre Mäuler sind aufgerissen, sie winden sich panikartig in alle Richtungen, haben den Kontakt untereinander verloren. Sie erinnern an Tiere, die in der Vergangenheit Naturkatastrophen voraussahen, wie der römische Schriftsteller Plinius der Ältere über unruhige Vögel als Vorzeichen eines Erdbebens berichtete. Wenn ein Tsunami droht, fliehen Ratten, Käfer und Schlangen ins Landesinnere. Die „Schlafenden Tiere“ stehen dagegen für gesellschaftliche Ruhe und Ausgeglichenheit, für Sicherheit. Die dargestellten Tiere schaffen es, auf einem grellroten Untergrund, der eine teilweise vehemente Pinselstruktur aufweist, im Schlafe Ruhe zu finden.

B.S.



K r e i s  d e r   t o t e n  T i e r e

Hasen, Vögel, Bienen als Opfer von Jagdereignissen, Umweltgiften und Autoverkehr, zu einem Kreis arrangiert, sich leicht berührend, im Tode vereint. Die Farbe Grün hier als Farbe des wieder erwachenden Lebens, Rot als komplementäre Farbe zu Grün. Der umlaufende Kreis als Symbol für Einheit, als unendliche Linie, als Symbol der Unendlichkeit und der Wiederkehr. Die Kreisform hier auch Symbol des Schutzes gegen das Böse.
B.S.

K a r t o f f e l b i l d e r

Die Serie der „Kartoffelbilder“ verweist auf das „Geheimnisvolle“ der unter der Erde verborgenen Frucht. Nicht wie der Apfel im Baum, rot-glänzend offensichtlich, liegen die Kartoffeln für uns unsichtbar im Erdreich. Das Erntegerät bringt sie ans Tageslicht, das darauffolgende Waschen zeigt die Kartoffel in ihrer typischen Form und Farbe. Als Kind (auf einem Bauernhof aufgewachsen) war dieses für mich ein prägendes „Naturerlebnis“.Der aus der Erde heraus wachsende Keim der Kartoffelknolle und die sich daraus bildenden Blüten, sind Vorboten für dieses „Geheimnisvolle“ in der Erde.
B.S.



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